16 Kommentare
Avatar von User
Avatar von Jan Paul Stich

Da hatte ich doch eben mein erstes False Positive in Sachen KI-Kunst. Die Formen in den Schatten und Steinen des Druckes von 1867 sind für mich so unerkennbar verworen verkräuselt, dass ich im ersten Moment dachte: Midjourney. Aber deine These, dass das ein Stein sein soll, auf dem G. da steht, passt dann irgendwie doch besser.

Vielen Dank für diesen schönen Newsletter!

Expand full comment
Avatar von Königstochter Jüngste

Ich finde interessant, wie an zwei Stellen auf die griechische Mythologie referiert wird: "Und wenn er seine Enträthselungsarbeit, die man dem alten Oedipus vergeblich vorgelegt haben würde, wieder anfangen wollte?" und später die Nymphen-Metamorphose. Das weist auf die klassische Bildung von Alex hin, was ja auch zur Vielsprachigkeit passt. Meiner Meinung nach passt Ödipus in diesem Zusammenhang aber nicht ganz, da das Rätsel der Sphinx auf Bedeutungsebene funktioniert, wir es hier jedoch mit einem Rätsel auf Zeichenebene zu tun haben. Und was die N-Nymphe wohl bedeutet?

Expand full comment
Avatar von Rafael

Ich habe unbewusst zwischen Lidenbrock und Axel eine Sherlock Holmes/Dr. Watson-Dynamik vorausgesetzt, mit einer Erzählerfigur, die dem Kompagnon intellektuell unterlegen ist, aber das hat sich als falsch herausgestellt.

Axel ist ebenso intelligent und gebildet wie der Professor. Allerdings fehlt ihm offenbar der wissenschaftliche Ehrgeiz, zu sehr hängt er an leiblichen Genüssen wie Marthas Kochkunst, Pfeifentabak und der Liebe (Lust?) zu seiner Verlobten. Das erklärt vielleicht auch sein comichaftes Gebaren, wie ein Komödienprotagonist als Held wider Willen.

Warum Graüben auf einem Stein steht und die Leiter abstaubt und nicht umgekehrt, erscheint mir alles andere als (minera)logisch! Aber nachdem sie nach wie vor ein Phantom ist, betrachte ich die Illustration als nicht kanonisch.

Expand full comment
Avatar von Nautiker

Axel hat sich ja auch schon ausgemalt, was für ein schönes Haus man von den vielen mineralischen Schätzen kaufen könnte, in der Tat ist er erst einmal die 'weltliche' Figur...

An dem Bild stört mich als Schreiner vor allem die absurde Misproportionalität des Kabinetts: riesige Schublade auf Brusthöhe? Der Vitrinenaufsatz beginnt so ab Kinnhöhe? Und was sind das für Brocken auf dem Boden? Die dürfte man ohne Hilfsmittel kaum bewegen können... naja, Gretchen ist einfach zu klein - wäre sie größer, würde alles etwas besser passen!

Expand full comment
Avatar von Nautiker

sorry, das sollte eigentlich eine Antwort auf Rafaels Beitrag sein, bin noch nicht so firm mit substack...

Expand full comment
Avatar von Thomas Schmidt-Lux

die verwandlung von axel, kaum dass der oheim aus dem haus ist, fand ich auch verblüffend. sofort nimmt er seinen platz mitsamt rätseleifer ein, garniert von wunderlichen gegenständen wie der pfeife. hoffentlich ist graüben klar, wen sie da heiraten will.

Expand full comment
Avatar von Ulrich K Rößler

>>Kaum haben wir uns auf die Reise in den Erdkern aufgemacht, beginnt es dort zu rumoren<<

Die Originalarbeiten zu diesen Berichten sind vermutlich recht einfach zu lesen, wenn man hinter die Bezahlschranke kommt:

Vidale, J. E. et al. Annual-scale variability in both the rotation rate and near surface of Earth’s inner core. Nat. Geosci. https://doi.org/10.1038/s41561-025-01642-2 (2025)

Earth’s inner core is changing in shape as well as in rotation rate. Nat. Geosci. (2025). https://doi.org/10.1038/s41561-025-01647-x

Jedenfalls der zweite - das ist eine Zusammenfassung in einfacher Sprache gebildete Fachfremde.

Ein kurzer Kommentar is noch hier zu finden:

https://www.nature.com/articles/d41586-025-00395-7

Kurz gesagt verdreht sich der vermutlich feste und kristalline, womögliche einkristalline Erdkern mit einer Rate von 0.1 Grad/Jahr gegen die Erdkruste. Nach 4000 Jahren etwa hat sich der Erdkern gegen die Kruste einmal um seine Achse ganz herumgedreht.

Aber diese Rotationsrate scheint sich auch noch mit Zeitskalen von Jahren oder 10 Jahren zu ändern. Der Erdkern eiert also irgendwie im Inneren der Erde unregelmäßig herum. Das wollen die Autoren dadurch erklären, dass jedenfalls eine dickere Grenzschicht zum flüssigen Mantelmaterial hin sich dauernd verändert und damit der Erdkern auch seine Gestalt ändert.

Evidenz dafür kommt von seismischen Daten / dem Krach den Erdbeben und andere tektonische oder sonst laute Ereignisse in der Erdkruste machen.

Das erinnert mich daran, dass dies in gewissem Sinnn uralte Theorien über einen Planeten, der im Innneren der nunmehr hohl gedachten Erde wie eine Billardkugel umherschwirrt und damit das zeitlich variable Erdmagnetfeld erklären könnte, rechtfertig. Die Originale Idee kam schon von Edmond Halley, der bei Verne auftaucht - aber diese Arbeit hier ist dann schon eher obskur:

Beweis, dass im Innern der Erde ein Planet befindlich ist

Annalen der Physik (Ed. Paul Spindler, Chemnitz), Bd. 61 (1819)

von dem Professor Steinhaeuser in Halle

https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k15070j/f89.image.langDE

Autor ist Johann Gottfried Steinhäuser (1768-1825) https://de.wikipedia.org/wiki/Johann_Gottfried_Steinh%C3%A4user

Im Wikipedia-Artikel gibt es Links zu einige weitere Arbeiten Steinhäusers zu dieser Theorie.

Steinhäuser ist Mathematiker und versucht die zeitliche Veränderungen des schon lange detailliert beobachteten Magnetfeldes (wg. Navigation mit dem Kompass) mit einem sogar durchgerechneten Modell eines Planeten, der wie so ein Stabmagnet im Inneren der Erde sich befindet aber auch sich bewegt, zu erklären.

Alexander von Humboldt scheint die in den USA grassierende Hohlerdentheorien mal negativ kommentiert zu haben - ob er die Arbeiten von Steinhäuser gekannt hat, konnte ich bisher nicht feststellen.

Expand full comment
Avatar von Ulrich K Rößler

"eine Sammlung Klappersteine vom Kieselgeschlecht" ist im frz. Original 'une collection de géodes siliceuses' - eine Sammlung silikatischer Geoden.

George Sands und ihre zeitgleiche Erzählung 'Laure, voyage dans le cristal' wurden hier schon @rola123 und anderen erwähnt. Diese Geschichte findet tatsächlich im Inneren so einer - in diesem Fall mit Amethystkristallen ausgekleideten - steinernen Druse oder dem Inneren einer nussartigen Höhlung in einem Kristallgang statt. Die Heldin Laure führt den eher verbummelten Erzähler Alexis ins Innere so eines Kristallgebirges, das in der Realwelt in eine hohle Hand passt - Es scheint so eine Pubertätsgeschichte zu sein - amüsant, dass Amethyste sich von 'Schutz/wirksam gegen Betrunkensein' ableiten soll. Vernes Erwähnung der Geoden sollte man wohl als Hinweis lesen, dass er sich da etwas herausgenommen hat.

Die George Sand Gesamtausgabe behauptet zwar, dass - aufgrund von Briefwechseln und Biographischem - zweifelsfrei feststehe, Verne habe da nicht abgeschrieben. Aber die entsprechenden Nachweise haben sich mittlerweile wohl als falsch herausgestellt - mehr dazu hier

https://dumas.ccsd.cnrs.fr/dumas-02138073v1/file/GOUNON%20Melodie%20M2%202019.pdf

wo sich der Textvergleich zu zwischen Voyage und Laure zu ganzen Dissertationen ausgewachsen hat.

Calasso in anderem Kontext und eigentlich über Baudelaire sagt zu derartigen Problemen, dass grosse Schriftsteller nicht plagiieren sondern einfach stehlen.

Sand hatte aber auch lange später ein gutes Verhältnis mit Verne.

Expand full comment
Avatar von Roman Lach

Ich hab die Erzählung von George Sand mal übersetzt, bin deswegen vielleicht ein bisschen betriebsblind und will nicht zu viel reininterpretieren, aber die Konstellation Onkel - Nichte - Neffe, das deutsche Setting und die geologische Sammlung sind doch verblüffend ähnlich bei beiden. Soweit ich weiß (dunkle Erinnerung an die Verfilmung) geht es bei Verne dann aber in eine ganz andere Richtung, Graüben verschwindet fast aus der Geschichte, oder? Bei George Sand ist die entsprechende Figur Laura zentral. Sand scheint wiederum von den Bergwerken zu Falun beeinflusst, bei ihr ist es eine Art Abgesang auf die Romantik, bei dem sie aber nochmal richtig die Sau rauslässt - und Jules Verne geht ja dann mehr in die Richtung Science fiction, vermute ich mal.

Expand full comment
Avatar von Ulrich K Rößler

Gibt es denn frühere deutsche Übersetzungen ?

`Laure´ scheint ja als Spätwerk nach den größeren Erfolgen George Sands enstanden zu sein - und die deutschen `Gesammelten Werke´ erscheinen in den 1840er und 50er Jahren und enthalten es daher nicht. Danach wurde wohl lange Zeit Sand in Deutschland gar nicht mehr wahrgenommen.

Ich lese gerade die frz. kritische Ausgabe von M.-C. Levet von 2017. Dort wird noch aufgrund eines Artikels von Simone Vierne von 1969 angenommen, dass Sand und Verne eine gemeinsame Quelle / Inspiration benutzten und dass Verne nichts direkt von Sand entlehnen konnte, weil sonst die Chronologie und Korrespondenz über die Entstehung der beiden Texte nicht passen soll. Aber das scheint u.a. Fehldatierungen von Briefen Vernes zu beruhen.

[cf. P. Gondolo della Riva, 'Jules Verne et la <<Revue des deux Mondes>>

https://www.revuedesdeuxmondes.fr/wp-content/uploads/2016/11/4e2a6f34ada232ed118b00464672913f.pdf ].

Endgültig geklärt aber ist das vielleicht immer noch nicht. Die Parallelitäten der beiden Texte sind jedenfalls unübersehbar.

In der `Laure´ erscheint eigentlich mehr Wissenschaft (als bisher in Vernes Voyage) und vor allem Einiges zur naja "Wissenschaftsphilosophie" als Hintergrund.

Aber Sand arbeitet als Beispiele von Mineralien eher mit einer Liste von konventionellen Schmucksteinen - das ist eher enttäuschend. Andererseits ist der Text erstaunlich komplex und - mit Hilfe des Kommentars sieht man auch, dass Sand diverse zeitgenössische Literatur benutzt haben muss und z.B. die aktuellen Kontroversen in der Biologie Evolution/Darwin oder Lamark vs Urzeugung andeutet.

Sand hat offenbar `Laure´ auch eher als privaten Text und Mediation konzipiert und ihrer Schwiegertochter gewidmet, obwohl sie ihn dann natürlich veröffentlicht hat.

Expand full comment
Avatar von Roman Lach

Das ist ja hochinteressant! Ich besitze sogar die kritische Ausgabe, hab aber den Kommentar nicht richtig gelesen. Also wäre auch George Sand mit wissenschaftlichem Interesse an dem Thema dran! Andere Übersetzungen sind mir nicht bekannt, meine scheint die einzige zu sein, so dilettantisch sie sein mag.

Expand full comment
Avatar von Ulrich K Rößler

Um das hier voerst abzuschließen: Laure ist so ewas wie ein weiblicher Psychopompos und man kann sich vorstellen, dass George Sand ihren Kindern und Enkeln gegenüber sich so darstellen und gleichzeitig auf die zentrale Wichtigkeit der Naturwissenschaften - aber anders als der Onkel Tungstenius mit seiner "Hypothese", der nur recht haben will - reflektieren wollte. Deshalb ist die Figur der Laure natürlich zentral und agiert als Zauberin.

Der Kommentar informiert nicht nur darüber, dass Sand weit und breit naturwissenschaftliche Informationen zumal über Mineralogie sammelte und las. Sie scheint auch zu Zeiten als eine Art Dorf-ärztin und -pharmazeutin in ihrer Einöde in Nohant agiert zu haben. Sand war wohl schon eine Art Hexe - aber als Kräuterfrau kann man sie sich nicht so ganz vorstellen, also eher mächtige Fee.

Expand full comment
Avatar von Roman Lach

Ich lese auch von Kapitel zu Kapitel und hab das mit den zwei Seiten noch nicht so ganz kapiert. Frag mich, ob das nochmal genauer erklärt wird oder ob es bei diesem wirklich sehr comichaften Bild bleibt. Überhaupt alles sehr bildhaft und alles immer sehr nach Außen gerichtet, sehr motorisch und irgendwie krawallig. Axel ruft alle seine Gedanken aus - letzte Woche hat jemand geschrieben, dass das regelrechte Theaterszenen sind. Das Erzähltempo und die ganze Ökonomie des Erzählens ist auch irgendwie sehr gut durchgetaktet, fühlt sich ein bisschen an wie bei Tim und Struppi oder in einem Spielberg-Film. Trotz Aufzählungen oder skurrilen Details geht es dynamisch voran, verliert sich nicht in der Beschreibung wie bei Balzac oder Zola (was auch toll ist, aber halt anders). Das N-Wort kommt übrigens auch im französischen Original vor und es handelt sich bei der Pfeife offenbar wieder um so ein Objekt wie der Nussknackerstock oder der Sessel, die irgendwie markant sind für diese Welt. Mittlerweile glaube ich, dass diese Dinge irgendwie "deutsch" sein sollen aus französischer Perspektive, schrullig, irgendwie fantastisch aber auch spießig. Die Najadenpfeife erinnert mich an den exotistischen Krempel mit dem auch ein Karl May oder ein Gerstäcker ihre Häuser vollgestopft haben, sowas wie der Wackelkopfchinese in Effi Briest. Anders als bei den französischen Romantiker*innen haben diese Dinge aber keine magischen Eigenschaften mehr, scheinen nur Requisiten zu sein.

Expand full comment
Avatar von Roman Lach

Pfeife könnte so was sein

https://www.ebay.de/itm/274355944764

Expand full comment
Avatar von Tanith

Ich habe mir vorgenommen nicht vorrauszulesen sondern wirklich jede Woche ein Kapitel. Dieser Cliffhanger macht mich dementsprechend fertig. Will ich doch wissen was die Reaktion des Professors ist, der nun seinen Neffen in flagranti bei Versuch, Schriften von unschätzbarem Wert zu vernichten, erwischt. Aber das dann nächste Woche.

Als Rätselbegeisterte war mir die ganze Chiffrenummer definitiv zu konfus beschrieben, und wie genau die Lösung jetzt funktioniert will in meinen Kopf nicht rein. Runen übersetzen scheinbar zufällig neu anordnen und irgendwie von beiden Seiten des Blattes lesen? Natürlich, dass ich da nicht drauf gekommen bin...

Expand full comment
Avatar von Nautiker

Ich habe mir die Szene zuerst ein bisschen wie mit dem Effekt eines Thaumatrops (diese rotierende Scheibe mit Vogel/Käfig) o.ä. vorgestellt - muss aber zugeben, dass das hinkt, denn der Zettel hat ja vmtl nur eine beschriftete Seite...

Es ist geschickt, wie mit der Aufregung über den Inhalt vorerst(?) über den Schlüssel hinweggetröstet wird.

Expand full comment