Bei allem gefühlvollen Abschiedsschmerz, sind da auch noch die Vorbereitungen für eine wissenschaftliche Expedition, und die erscheinen dann doch passend absurd, um nicht zu sagen phantastisch. Die Logistik des Unternehmens wird geplant wie in einem Fiebertraum.
Kürzlich hat hier @Nautiker angemerkt, dass Höhlenforschung/Speläologie bis Ende 19. Jahrhundert gar nicht so richtig existierte - also hat Jule Verne sehr viel Freiraum, um den guten Professor die Expedition in knapp 48 h planen zu lassen - es gab zu seiner Zeit ja kaum Erfahrungen mit unterirdischen Reisen. Und Axel ist sowieso zu nichts zu gebrauchen.
NB: Wer wissen will, wie die Ausrüstung für so eine Höhlenfahrt denn heute aussieht, kann sich die Handreichungen des Verband Österreichischer Höhlenforschung ansehen [https://hoehle.org/spelaeomerkblaetter]. Warum hier der östereichische Verband ?
Weil zu k.u.k. Zeiten, als es noch eine österreichisch Hochseemarine in Triest und anderen Häfen an der Adria gab, die Höhlenforschung im Karst südöstlich Triest tatsächlich schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann, deshalb eine große Tradition hat, und natürlich, um an den ganz & gar erstaunlichen Herbert W. Franke zu erinnern, der u.a. auch Speläologie betrieb.
Man kann dann schon beruhigt sein, dass der Professor dem Zeitdruck gehorchend rasch herausgefunden zu haben scheint, wie, wo und wann die Passage mit Postschiff nach Island zu planen oder einigermaßen zu improvisieren sei. Da ist wieder diese Rapidität der Verneschen Bewegung, die alles im Augenblick angehen kann.
Immerhin werden auch >> allerhand Waaren << eingepackt. Aber der ungeduldig Professor sieht da auch noch gewisse Probleme: >> 'Und Dein Koffer ist noch nicht gepackt, und meine Papiere noch nicht geordnet, und der Schlüssel meines Reisesacks nicht zu finden, und meine Kamaschen bleiben aus!'<< Kamaschen also wichtig - trockene warme Füße auf dem Gletscher! Ganz zentral für den Wissenschaflter, Papiere müssen geordnet sein. Am nächsten Tag kann man dann erkennen, dass der Professor bei der Planung schon noch die Übersicht behält, wenn es heisst, >> die Allee lag voll Strickleitern, Fackeln, Reiseflaschen, eisernen Haken, Spitzhauen, beschlagenen Stöcken, Spaten – wofür man zehn Mann wenigstens zum Herbeischleppen brauchte.<< und dann auch noch >>Diesen Tag über kamen die Ablieferungen von physikalischen Instrumenten, Waffen, elektrischen Apparaten noch häufiger.<< Die unvermeidlichen Bergstöcke sind jedenfalls dabei, weil es ja steil werden wird an und im Berg.
Kurze Erinnerung was das Ziel der Reise sein soll - vom Krater des ´Snäfields Jöcul´ aus
'et terrestre centrum attinges' / 'und Du wirst zum Mittelpunkt der Erde gelangen'/ 'et tu parviendras au centre de la Terre', sagt Arne Saknussemm - und er habe das erreicht. Wir glauben ihm das, aber wie das ablief, bzw. was oder wer da gelaufen ist, hat er nicht gesagt.
Realitätscheck: das sind nur etwa 6319 km einfache Distanz, direttissima. Luftlinie kann man ja schlecht sagen. In Theodor Storms Regentrude ist der Einstieg zur Höhlenwelt eine alte hohle Weide und darunter findet Andrees eine Arte Wendeltreppe "steil und ausgebröckelt", Maren, die später dann das ganze Abenteuer allein bestehen muss, wird von ihm in "Stufe um Stufe wie in einem gewundenen Schneckengange hinabgetragen". Für die Reise zum Mittelpunkt der Erde sind das nur einige 3 Millionen Treppenstufen und eine Wegestrecke hin und zurück von ca. 40.000 km bei so etwa 30 Prozent Steigung so eines treppenartigen Zugangs. Zu Fuss in unkartiertem völlig unbekanntem Terrain sollte man da sehr optimistisch mit 2-3 Jahren für die Expedition rechnen, ohne Licht allerdings und mit völliger Ungewissheit, was auch nur die Versorgung mit Wasser angeht.
Graübens Strategie, die anderen mal vorzuschicken erscheint da weniger Konvention nach den Geschlechterrollen des 19.Jahrhunderts, sondern wohlüberlegt. Jedenfalls, wenn man sich die Ausrüstung des Professors so ansieht, sollte das Ganze nicht ohne gewisse Härten oder Verschmachtungserscheinungen abgehen: Fackeln, elektrische Apparate, irgendwelche Kolli mit was drin, Trinkflaschen - man hofft, er hat auch ein paar Pausenbrote dabei.
Aber vielleicht geht es auch bequemer, Niels Klim stürzt einfach in eine Spalte auf einem Berg oberhalb Bergen ab und wird dann nach einer Art Newtonscher Mechanik zu einem innerirdischen Planeten in der Hohlwelt des Barons Holberg. Nur das Landen als Asteroid sorgt für etwas Ungemach. In Casanovas Icosameron setzen sich Elisabeth & Edouard während einem Sturm in einen grossen bleibeschlagenen Kasten als Rettungsfloss, der dann als Terramobil vom Meer eingesogen wird und dann geht es ganz schnell und einfach ab in die Hohlwelt [https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k101924f/f1.item]. Es geht noch anstrengungsloser und einfacher, wenn man die Fahrt erst im 20. Jahrhundert unternimmt. In Arno Schmidts 'Tina' benutzen Titelheldin und ihr Besucher einfach einen Lift, der unter ihrem Kiosk in der Innenstadt von Darmstadt installiert ist.
Wie wird Verne die Reisenden ihren weiten Weg absolvieren lassen?
Oho, da ist ein ärgerlicher Fehler - es sollte heissen einige 30 Millionen Treppenstufen bis zum Zentrum der Erde. Mit 17 cm Stufenhöhe, 37.2 Millionen für Radius 6319 km.
Enttäuschenderweise kommt sie nicht mit, sondern bleibt die Königstochter, die der Held nach erfolgreichem Abenteuer heiraten darf - aber wenigstens aus ihrem eigenem Willen.
Sie liebt Axel und Steine, aber Steine vielleicht doch ein bisschen mehr als Axel, dem sie erst Angst, Trägheit und den eklatanten Mangel an Ehrgeiz, Abenteuerlust und wissenschaftlicher Neugier austreiben muss, ehe sie ihn als Ehemann akzeptieren kann. Dass er dabei sein Leben riskiert, scheint sie wenig zu bekümmern, aber ein Tränchen ist er ihr doch wert.
Nach diesem kurzen Intermezzo sind wir also bereit, Graüben wieder nur in Axels Träumen und Gedanken zu begegnen.
Bis zum Finale, Graüben, halte die Leitern staubfrei für uns!
Bei allem gefühlvollen Abschiedsschmerz, sind da auch noch die Vorbereitungen für eine wissenschaftliche Expedition, und die erscheinen dann doch passend absurd, um nicht zu sagen phantastisch. Die Logistik des Unternehmens wird geplant wie in einem Fiebertraum.
Kürzlich hat hier @Nautiker angemerkt, dass Höhlenforschung/Speläologie bis Ende 19. Jahrhundert gar nicht so richtig existierte - also hat Jule Verne sehr viel Freiraum, um den guten Professor die Expedition in knapp 48 h planen zu lassen - es gab zu seiner Zeit ja kaum Erfahrungen mit unterirdischen Reisen. Und Axel ist sowieso zu nichts zu gebrauchen.
NB: Wer wissen will, wie die Ausrüstung für so eine Höhlenfahrt denn heute aussieht, kann sich die Handreichungen des Verband Österreichischer Höhlenforschung ansehen [https://hoehle.org/spelaeomerkblaetter]. Warum hier der östereichische Verband ?
Weil zu k.u.k. Zeiten, als es noch eine österreichisch Hochseemarine in Triest und anderen Häfen an der Adria gab, die Höhlenforschung im Karst südöstlich Triest tatsächlich schon in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts begann, deshalb eine große Tradition hat, und natürlich, um an den ganz & gar erstaunlichen Herbert W. Franke zu erinnern, der u.a. auch Speläologie betrieb.
Man kann dann schon beruhigt sein, dass der Professor dem Zeitdruck gehorchend rasch herausgefunden zu haben scheint, wie, wo und wann die Passage mit Postschiff nach Island zu planen oder einigermaßen zu improvisieren sei. Da ist wieder diese Rapidität der Verneschen Bewegung, die alles im Augenblick angehen kann.
Immerhin werden auch >> allerhand Waaren << eingepackt. Aber der ungeduldig Professor sieht da auch noch gewisse Probleme: >> 'Und Dein Koffer ist noch nicht gepackt, und meine Papiere noch nicht geordnet, und der Schlüssel meines Reisesacks nicht zu finden, und meine Kamaschen bleiben aus!'<< Kamaschen also wichtig - trockene warme Füße auf dem Gletscher! Ganz zentral für den Wissenschaflter, Papiere müssen geordnet sein. Am nächsten Tag kann man dann erkennen, dass der Professor bei der Planung schon noch die Übersicht behält, wenn es heisst, >> die Allee lag voll Strickleitern, Fackeln, Reiseflaschen, eisernen Haken, Spitzhauen, beschlagenen Stöcken, Spaten – wofür man zehn Mann wenigstens zum Herbeischleppen brauchte.<< und dann auch noch >>Diesen Tag über kamen die Ablieferungen von physikalischen Instrumenten, Waffen, elektrischen Apparaten noch häufiger.<< Die unvermeidlichen Bergstöcke sind jedenfalls dabei, weil es ja steil werden wird an und im Berg.
Kurze Erinnerung was das Ziel der Reise sein soll - vom Krater des ´Snäfields Jöcul´ aus
'et terrestre centrum attinges' / 'und Du wirst zum Mittelpunkt der Erde gelangen'/ 'et tu parviendras au centre de la Terre', sagt Arne Saknussemm - und er habe das erreicht. Wir glauben ihm das, aber wie das ablief, bzw. was oder wer da gelaufen ist, hat er nicht gesagt.
Realitätscheck: das sind nur etwa 6319 km einfache Distanz, direttissima. Luftlinie kann man ja schlecht sagen. In Theodor Storms Regentrude ist der Einstieg zur Höhlenwelt eine alte hohle Weide und darunter findet Andrees eine Arte Wendeltreppe "steil und ausgebröckelt", Maren, die später dann das ganze Abenteuer allein bestehen muss, wird von ihm in "Stufe um Stufe wie in einem gewundenen Schneckengange hinabgetragen". Für die Reise zum Mittelpunkt der Erde sind das nur einige 3 Millionen Treppenstufen und eine Wegestrecke hin und zurück von ca. 40.000 km bei so etwa 30 Prozent Steigung so eines treppenartigen Zugangs. Zu Fuss in unkartiertem völlig unbekanntem Terrain sollte man da sehr optimistisch mit 2-3 Jahren für die Expedition rechnen, ohne Licht allerdings und mit völliger Ungewissheit, was auch nur die Versorgung mit Wasser angeht.
Graübens Strategie, die anderen mal vorzuschicken erscheint da weniger Konvention nach den Geschlechterrollen des 19.Jahrhunderts, sondern wohlüberlegt. Jedenfalls, wenn man sich die Ausrüstung des Professors so ansieht, sollte das Ganze nicht ohne gewisse Härten oder Verschmachtungserscheinungen abgehen: Fackeln, elektrische Apparate, irgendwelche Kolli mit was drin, Trinkflaschen - man hofft, er hat auch ein paar Pausenbrote dabei.
Aber vielleicht geht es auch bequemer, Niels Klim stürzt einfach in eine Spalte auf einem Berg oberhalb Bergen ab und wird dann nach einer Art Newtonscher Mechanik zu einem innerirdischen Planeten in der Hohlwelt des Barons Holberg. Nur das Landen als Asteroid sorgt für etwas Ungemach. In Casanovas Icosameron setzen sich Elisabeth & Edouard während einem Sturm in einen grossen bleibeschlagenen Kasten als Rettungsfloss, der dann als Terramobil vom Meer eingesogen wird und dann geht es ganz schnell und einfach ab in die Hohlwelt [https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k101924f/f1.item]. Es geht noch anstrengungsloser und einfacher, wenn man die Fahrt erst im 20. Jahrhundert unternimmt. In Arno Schmidts 'Tina' benutzen Titelheldin und ihr Besucher einfach einen Lift, der unter ihrem Kiosk in der Innenstadt von Darmstadt installiert ist.
Wie wird Verne die Reisenden ihren weiten Weg absolvieren lassen?
Oho, da ist ein ärgerlicher Fehler - es sollte heissen einige 30 Millionen Treppenstufen bis zum Zentrum der Erde. Mit 17 cm Stufenhöhe, 37.2 Millionen für Radius 6319 km.
Graüben, finally!
Enttäuschenderweise kommt sie nicht mit, sondern bleibt die Königstochter, die der Held nach erfolgreichem Abenteuer heiraten darf - aber wenigstens aus ihrem eigenem Willen.
Sie liebt Axel und Steine, aber Steine vielleicht doch ein bisschen mehr als Axel, dem sie erst Angst, Trägheit und den eklatanten Mangel an Ehrgeiz, Abenteuerlust und wissenschaftlicher Neugier austreiben muss, ehe sie ihn als Ehemann akzeptieren kann. Dass er dabei sein Leben riskiert, scheint sie wenig zu bekümmern, aber ein Tränchen ist er ihr doch wert.
Nach diesem kurzen Intermezzo sind wir also bereit, Graüben wieder nur in Axels Träumen und Gedanken zu begegnen.
Bis zum Finale, Graüben, halte die Leitern staubfrei für uns!
Vielleicht gilt die Träne auch dem verpassten Abenteuer, das ihr als "armem Mädchen" nicht zusteht...
Ganz kurz hab ich gedacht, vielleicht kommt sie doch mit.
https://www.radiofrance.fr/franceculture/podcasts/serie-odyssee-au-centre-de-la-terre
In dieser Hörspiel-Adaption kommt sie mit (und löst das Runen-Rätsel am Anfang)